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Annja Krautgasser w


audio.IN_x11.5.app


Shockwave-Applikation, 800 x 600 px, Musik: beliebig, 1999

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© Momentaufnahmen audio.IN_x11.5.app

Annja Krautgasser produziert mit audio.IN_x11.5.app vorsätzlich ein Bild, das man nicht an die Wand hängen kann. Es soll nicht greifbar sein, permanent überschrieben werden, ein „Zeitbild“ soll entstehen, das in der nächsten Sekunde wieder anders aussieht.
Mit dem Input einer beliebigen Musikquelle generiert und bewegt die von Annja Krautgasser programmierte Director-Applikation audio.IN_x11.5.app abstrakte geometrische Formen. Die schwarzweißen Grafiken rotieren, pulsieren und übermalen einander je nach Rhythmus und Periodizität der Musik. Abhängig von sechs zur Wahl stehenden Algorithmen interpretiert audio.IN_x11.5.app in Echtzeit den Sound als visuelles Material, das in seiner Digitalität an schlichte, filigrane Tuschezeichnungen erinnert.

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© Momentaufnahmen audio.IN_x11.5.app

Die künstlerische Aussage liegt für Annja Krautgasser in der Transformation von Information. Die Umsetzung von Ton in Bild
basiert in audio.IN_x11.5.app auf einer Methode des Mathematikers Jean Baptiste Joseph Fourier, die einer gegebenen Funktion (Ton) eine andere Funktion (Bild) zuordnet. Krautgassers reduzierte digitale Ästhetik aus Strichen, Kreisen und anderen Flächenmustern lässt sich als weiterer, historischer Bezug – auf den Bauhausstil – interpretieren. Die Künstlerin, hier an der Schnittstelle zur Technikerin und digitalen Handwerkerin arbeitend, entwickelt ein zeitgemäßes Modell für das Zusammenspiel von Bild und Ton, das die Enthierarchisierung dieser Komponenten untermauert.
Automatisierte Rechenabläufe übernahmen den Entwurfsprozess, der Zufall wird künstlerisches Programm. In der methodischen Herangehensweise der studierten Architektin Krautgasser lassen sich Parallelen zu dekonstruktivistischen Modellen und Bauten, etwa von Zaha Hadid oder Peter Eisenman, erkennen. Abweichungen von den Werten der Harmonie, Einheit und Stabilität wurden auch in der Medienkunst von Krautgasser von der Struktur abgelöst und als Ornament behandelt.

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© Momentaufnahmen audio.IN_x11.5.app

Ende der 1990er Jahre hat der Einzug des Computers in die künstlerische Arbeitspraxis von Krautgasser, die bei Peter Weibel
an der Wiener Universität für angewandte Kunst studierte, zu neuen Wahrnehmungsformen geführt. Auf- und Ausführungspraxen ihrer Werke waren vor allem außerhalb eines Galeriekontextes angesiedelt. Im Netz und in den (Techno-)Clubs der Stadt werkten Laptop-Musiker und bildende Künstler in freien Kollektiven.
Krautgassers Kollaborationen mit Musikern aus dem experimentellen elektronischen Bereich wie etwa der Band Radian waren
Teil eines neuen Spannungsfeldes zwischen Stätten der Popkultur und der Kunstproduktion. Die österreichische Hauptstadt galt als „hot spot“ und Geheimtipp der internationalen „new electronic music scene“. Künstlerinnen wie Annja Krautgasser waren gleichberechtigte „Bandmitglieder“, die bei Club-Konzerten aus den knarzenden, minimalistischen Technoklängen der Musiker live mit ihrer eigens programmierten Software ihre Bilderwelten destillierten.

audio.IN_x11.5.app ist ein Dokument seiner Zeit, in dem in großem Ausmaß der Zufall die Schnittstelle von Bild und Ton markiert. audio.IN_x11.5.app ist rückblickend betrachtet prägend für die weitere Arbeitsweise der Künstlerin, die in ihrer aktuellen Produktion zusehends aus der Deckung der Abstraktion herausgegangen ist. Das als nicht fassbar intendierte „Zeitbild“ audio.IN_x11.5.app ist konkret geworden: unter anderem als ausgewählte Screenshots, die heute als 10-teilige Lambdaprintserie (TMP 4-13) in der Kuturabteilung des Landes Tirol hängen.
(Petra Erdmann)
Wvnr: 99-02

diverse audiovisuelle Live-Performances