Run through...


museumORTH, Orth an der Donau
06.07. – 01.11.2015
Kuratorin: Hilde Fuchs - in der Reihe Alltagskultur und Gegenwartskunst
Eröffnungsrede: Hemma Schmutz

Intervention Run Through...: Sonntag, 5. Juli 2015, 14.00 Uhr
Shuttlebus von Wien zum museumORTH

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Bereits zum sechsten Mal lädt das museumORTH in Kooperation mit Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich Künstler_innen ein, die am Schnittpunkt von öffentlichem Raum und Ausstellungsraum arbeiten. Dieses Jahr inszeniert Annja Krautgasser ein „Remake einer Filmszene aus 1964 in und um Schloß Orth“.

"In Jean-Luc Godards Film Bande à part ("Die Außenseiterbande", 1964) laufen drei ProtagonistInnen durch den Louvre und brechen damit einen Rekord der schnellsten Besichtigung des Hauses. Krautgasser nimmt dieses Sinnbild von jugendlichem Übermut und der Befreiung von Konvetionen auf, um eine ganze Ortschaft zu aktivieren. Die ephemere und leichtfüßige Geste löst sich von ihrem Kontext und wird zum Zeichen für Ausgelassenheit, Euphorie und einem Versprechen von Freiheit. Der gemeinsame Lebensraum, der oftmals durch Reglementierungen, Verbote und Kommerzialisierung gekennzeichnet ist, wird zum Schauplatz eines Filmdrehs und eines Happenings mit Partizipation der Bevölkerung. Krautgasser bezieht sich auf das gemeinsame kulturelle Gedächtnis (Museum, Filmgeschichte) und schafft doch ein neues Raum-Zeit-Porträt des Ortes."
(Hemma Schmutz)

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Dokumentation der

Intervention im öffentlichen Raum

während der Eröffnungsreden von Johann Mayer (Bürgermeister Marktgemeinde Orth an der Donau) und Gerhard Schödinger (Bundesrat für Niederösterreich) zur Ausstellung Run Through...

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© Run Through..., Fotos: Michael Kofler

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Run through...


Hemma Schmutz

Annja Krautgassers soziale Intervention für Orth und das museumOrth Run through ... reinszeniert eine berühmte Szene der Filmgeschichte mit Beteiligung lokaler ProtagonistInnen. In Jean-Luc Godards Film Bande à part (Die Außenseiterbande, 1964) laufen die drei HauptdarstellerInnen durch den Louvre und brechen damit einen Rekord der schnellsten Besichtigung des Museums. Krautgasser nimmt dieses Sinnbild von jugendlichem Übermut und der Befreiung von Konventionen auf, um eine Ortschaft zu aktivieren.

Die ephemere und leichtfüßige Geste löst sich von ihrem Kontext und wird zum Zeichen für Ausgelassenheit, Euphorie und einem Versprechen von Freiheit. Der gemeinsame Lebensraum, der oftmals durch Reglementierungen, Verbote und Kommerzialisierung gekennzeichnet ist, wird zum Schauplatz eines Filmdrehs und eines Happenings mit Partizipation der Bevölkerung. Krautgasser bezieht sich auf das gemeinsame kulturelle Gedächtnis (Museum, Filmgeschichte) und schafft doch ein neues Raum-Zeit-Porträt des Ortes.

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© Run Through..., Fotos: Michael Kofler

Die Arbeit besteht aus einzelnen Elementen: die Geste des Laufens, das Reenactment, die Partizipation der lokalen Bevölkerung und die Überführung bzw. Verarbeitung in die Videoinstallation der Künstlerin. Die einfachen Gesten von KünstlerInnen, die seit den 1960-er Jahren begonnen haben, körperliche Handlungen im öffentlichen Raum oder im Atelier durchzutesten, wurden Dank ihrer Schlichtheit und Radikalität zu Ikonen der Kunstgeschichte der Gegenwart. Unter der Prämisse der Dematerialisierung des Kunstwerkes und dem Wunsch, Kunst und Alltagsleben näher zusammen zu bringen, führten KünstlerInnen wie Vito Acconci, VALIE EXPORT, Bruce Nauman, Adrian Piper und Peter Weibel einfache körperliche Handlungen wie das Gehen, Liegen, Laufen etc. als Teil ihrer Kunstpraxis aus. Wie ist es nun, wenn ein Ort zu laufen beginnt statt zu gehen? Ist da Gefahr in Verzug? Ist es ansteckend? Gibt es da was zu holen? Running through – etwas läuft durch und führt zu einer Verflüssigung des Ortes, einem Durchlässig-Werden, das die Grenzen von Innen und Außen durchstößt.

Krautgasser bezieht sich in ihrer Handlungsanweisung an die drei Jugendlichen und an die Bevölkerung von Orth auf jene Szene der Filmgeschichte, in welcher die heiligen Hallen der Kunst, der Louvre, nicht andächtig durchschritten, sondern übermütig durchlaufen werden von einer uneinholbar rennenden Bande, die sichtbar Spaß an ihrer Aktion haben. Die Originalszene wird als Referenz im Ausstellungsraum ebenso gezeigt wie Zeichnungen der Bewegungsläufe auf dem Grundriss von Orth.

Das Reenactment, das Wiederaufführen von Ereignissen der Geschichte oder auch der Kunst, ist ein beliebtes Mittel in der Alltagskultur aber auch in künstlerischen Projekten der letzten Jahrzehnte. Der Impetus ist immer, etwas wieder erlebbar zu machen und das gelingt am besten, wenn man es wieder aufführt und so dem eigenen Erfahrungshorizont zugänglich macht. Im Fall von Krautgasser ist es eben diese Überschreitung von gesellschaftlichen Regeln, welche das Verhalten in den unterschiedlichen öffentlichen und privaten Räumen ordnet und strukturiert und sich in diesem Fall besonders an eine Gruppe der Gesellschaft richtet, die immer schon mit Aufbegehren identifiziert wird – die Jugendlichen. Partizipation ist Desideratum der Politik größerer und kleinerer Strukturen, Wunschbild der Kunst der letzten Jahrzehnte, aber auch mit offenen Fragen behaftet. Wer steuert diese Beteiligung, wer wird überhaupt zur Beteiligung aufgefordert, wer kommt ihr nach?

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© Ausstellungsansicht mit Videoinstallation
Foto: Wolfgang Wössner

Im Ausstellungsraum fasst die Künstlerin das Video in einer geblockten Präsentation auf vier neben- und übereinander gestapelten Monitoren. Die Dynamik der Aktion wird noch durch die um jeweils 40 Sekunden versetzte Abspielung des s/w-Videoloops verstärkt, sodass gleichzeitig verschiedene Passagen des Videos erlebt werden können. Die Szenen laufen also auch durch die Skulptur und dynamisieren und verflüssigen diesen Block und nehmen und übersetzen den Impetus der Aktion in eine materialisierte Form des Raum-Zeit-Portraits von Orth.

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© Ausstellungsansicht, Laufskizze 1-3, Kugelschreiber auf Papier
Foto: Wolfgang Wössner


Original Louvre-Run-Szene aus Bande à part:
("Die Außenseiterbande", J.L. Godard, 1964)
www.youtube-nocookie.com/watch?v=-z74tb51YI8
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